Interview mit Stephanie Linnhe

Stephanie Linnhe wuchs im nördlichen Ruhrgebiet auf. Nach einer Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin studierte sie Publizistik, Skandinavistik und Sozialanthropologie in Bochum und Kopenhagen. Im Anschluss ging sie für ein Jahr nach Australien und arbeitete als Story Writer für Sensory Image Pty Ltd sowie als Tourguide mit Schwerpunkt in Sydney. Zurück in Europa, führten mehrere Projekte sie in die Schweiz und nach England, bis sie schließlich 2008 in die Welt der Computerspiele eintauchte. Seitdem kümmert sie sich um die Texte eines Karlsruher Onlinespiel-Anbieters und schreibt nebenher für Zeitungen und -schriften.image

Heute habe ich eine Autorin zu Gast, der ich bereits einige Male über den Weg gelaufen bin und deren Lesung ich auch bereits lauschen durfte – Stephanie Linnhe.

CID: HKitKaffeeallo liebe Stephanie,
schön, dass du den Weg hierher gefunden hast. Darf ich dir was anbieten? Kaffee? Käsesahnetorte? Oh, ich vergaß, für dich nur Tee. Magst du den Lesern vielleicht noch ein wenig mehr über dich erzählen?

Hallo CID, schön dich wieder zu sehen! Tee ist super. Torte? Immer! Wie, die ist mit Dinkelmehl gebacken? Dann das große Stück bitte. Danke.
Also, was möchtest du wissen? Ich bin erst vor Kurzem aus den USA zurückgekommen und noch ein wenig wehmütig. Ich habe quasi permanent Fernweh. Das Problem ist, dass ich gar nicht so viele Länder bereisen kann, wie ich möchte, da ich jedes Jahr nach Schottland muss. Weil’s so schön ist. Warst du schon mal dort? Du musst dir unbedingt die Westküste anschauen, dazu die Hebriden, zumindest Lewis und Harris. Und wenn du kannst, mach einen kurzen Ausflug zu … was? Ah, entschuldige, zurück zur Frage!
Ich finde viele Dinge spannend und würde sie alle gern ausprobieren. Es wäre daher nett, wenn jemand meine Tage auf 48 Stunden hochpushen könnte, mit der Option von nur acht Stunden Schlaf. Ich bin hin und wieder bei Filmdokumentationen mit dabei, meist am Script oder hinter der zweiten Kamera, stand aber auch schon davor. Abgesehen davon kann ich mir vorstellen, irgendwann ein B&B in Schottland zu eröffnen und dort deutsches Brot zu verkaufen (oder andere Dinge, die auf meiner Planliste stehen). Wenn mich jemand auf eine Expedition nach Nuuk oder in die Tiefsee schicken würde, hätte ich auch nichts dagegen. Der Enkel von Jacques Cousteau ist ja ganz niedlich.

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CID: Nicht menschlich Inc. besitzt laut deinen eigenen Aussagen autobiografische Züge. Schieß los! Wer musste dafür herhalten?

Oh, das waren einige Personen. 😀
Die Frage, ob eigene Erlebnisse als Vorlage dienen, kommt ja bei vielen Autoren auf. Oft zielt es darauf ab, ob man seine Lebensgeschichte beschreibt. Das ist bei mir nicht der Fall – ich bin nicht Nala. Schau, meine Knie sind noch weitgehend intakt. Also vielmehr sind sie es wieder. Ähm … nun ja!
Ich behaupte, dass autobiografische Teilstücke in fast jedem Buch eine Rolle spielen. Immer, in jedem erdenklichen Ausmaß. Das kann eine Begegnung sein, ein Dialog oder auch nur ein Momenteindruck. Die werden gesammelt und zu passender Gelegenheit aus der Ideenschublade gekramt. Die entstehenden Figuren und Handlungen haben daher Gemeinsamkeiten mit mir, Freunden oder beschreiben Zufallsbegegnungen (wie der alte Mann, auf den Nala im ersten Kapitel des Folgebandes trifft), aber sie sind dennoch nicht wie ich.
Ein Beispiel? Für Nicht menschlich Inc. hat meine Abneigung gegen große Käfer herhalten müssen, aber mir ist noch nie ein Käfer ins Auge geflogen. (Zum Glück! Das wäre schrecklich!) Ansonsten habe ich Vorlieben und Eigenheiten von Familie und Freunden verarbeitet und … naja, und den Prokuristen. Der hat ein wenig mehr Realität abbekommen, ebenso ABM. Ich habe als Studentin in einer Firma gejobbt, die ich als Vorlage genutzt habe. Mit Prokuristen, Firmenwagen und Callcenter. Leider war der Hausmeister dort nicht so sexy wie Desmond.

CID: Gefährliches Versprechen ist der erste Teil deiner Absecon-Reihe, die beim Bookshouse Verlag veröffentlicht wird. Bei Madison und Cole steht klar die Action im Vordergrund. Die Inc-Reihe ist dagegen sehr humorvoll geschrieben, mit der liebenswerten, teilweise tollpatschigen Nala als Protagonistin.
Nun wirfst du noch „Herz aus Grün und Silber“ (erschienen Oktober 2014 bei Forever/Ullstein) ins Rennen. Was erwartet uns in diesem Buch?

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Ein durchgerostetes Auto, würde eine Freundin nun sagen. Ihr Bruder hatte dieses Schrottding, das der TÜV vermutlich gleich in die Luft gejagt hätte, und wollte sich partout nicht davon trennen. Es taucht als Chases Wagen im Buch auf.
Ansonsten ist das ‚Herz aus …‘ ein Urban Fantasy-Roman und spielt in Australien. Die Hauptfigur Naya ist frisch an der Uni eingeschrieben und würde sich gern auf ihr Studium konzentrieren, aber das Leben macht ihr einen Strich durch die Rechnung. In Form von Schlangen. Sie ist auf seltsame Weise mit den Tieren verbunden. Das Ganze wird zu einem richtigen Problem, als sie Chase kennenlernt – ja, der mit dem Schrottwagen. Chase ahnt, was mit Naya los ist, und dass er sich von ihr angezogen fühlt, macht die Sache nicht besser.
Es gibt also nicht so viel Schießerei wie bei Absecon, dafür ist die Prota nicht so ein Tollpatsch wie Nala. Im Gegenteil, sie weiß sehr genau, was sie will.
Letztlich geht es darum, sein Schicksal an- und auch in die Hände zu nehmen, mit allen Konsequenzen … und auf sein Herz zu hören.

CID: Neben der Tatsache, dass du deine ehemaligen Kollegen durch den Kakao ziehst und alte Traumata aufarbeitest, wie gehst du sonst vor beim Schreiben? Woher holst du dir deine Ideen? Hast du irgendwelche Rituale?

Räucherkerzen, Blut, Wolle eines Vollmondschafes.
Abgesehen davon kommen Ideen einfach … irgendwann. Der Trigger kann alles sein: ein Wort, ein Bild, ganz oft ein Gespräch mit Freunden. Manchmal zücke ich dann völlig zusammenhanglos mein Handy oder mein kleines schwarzes Buch, mache Notizen und antworte nur noch mit ‚hm hm‘. Leute, die das bereits kennen, nutzen oft die Gelegenheit, um mir seltsame Versprechen abzuringen.
Wenn ich durch meine Notizen blättere, denke ich wehmütig wieder an den 48-Stunden-Tag.
Eine andere Möglichkeit für Ideen ist epische Musik, Radfahren oder beides in Kombination.

CID: Du hast da eine wunderschöne Pinguintasche dabei. Was hat es mit deiner Liebe für die kleinen watschelnden Eisbewohner auf sich?

Sie wuchs einfach mit jedem Tag, an dem ich völlig verzückt Pinguine beobachtet habe. Ernsthaft, wenn du jemals im Karlsruher Zoo sein solltest, siehst du am Pinguingehege vorn eine Kante, auf der man stehen kann. Dort findest du ganz viele Kinder – und womöglich mich. Wir kreischen alle, sobald ein Pingu in unsere Nähe kommt.
Pinguine haben einfach das Talent, durchgehend niedlich zu sein. Dazu kommt diese stoische Tollpatschigkeit, mit der sie durch ihr Leben watscheln (fast wie Nala) … da könnte ich stundenlang zuschauen. In der Wilhelma in Stuttgart habe ich es nicht weiter als bis zu den Pinguinen geschafft, die in der Nähe des Eingangs zu finden sind. Irgendwann bat mich ein netter Mensch, den Zoo zu verlassen, da sie schließen wollten.
Die Tasche hat mir meine Freundin Josie genäht, und sie harmoniert perfekt mit dem Shirt, das ich gerade trage. Warte, ich mach schnell mal ein Selfie …

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CID: Oh Steffi, guck mal: Ein Spinnenläufer! Steffi? Steffi! Wo läufst du denn hin?

Ahhhh …


– Eine halbe Stunde und eine Spinnenläuferjagd später –


CID: Schön, dass du wieder bei uns bist. Du erwähntest einen autobiografischen Fakt deiner Bücher: Du hasst Krabbelviecher. Magst du uns von deinem schaurigsten Krabbeltiererlebnis berichten? Natürlich nur, wenn es nicht allzu traumatisierend für dich ist.

Woah, das war so ein Nacheffekts-Erlebnis. Ich habe eine Weile in Sydney gewohnt, in einer WG mit zwei Freunden. Wir hatten ab und zu Kakerlaken-Besuch, bei dem ich jedes Mal ausgerastet bin. Wusstest du, dass die Aussies die ‚German cockroaches‘ nennen? However. Interessanterweise verirrten sich die Biester nur selten in mein Zimmer.
Als ich wieder in Deutschland war, habe ich erfahren, warum. Mein WG-Kollege entdeckte eine Aushöhlung in der Wand, direkt über dem Türrahmen. Er stieg auf eine Leiter und fand: leere Kakerlakenpanzer. Und eine riesige Spinne. Ich meine: wirklich ein Monster. Sie hat mir zwar Gutes getan und mir die Krabbler vom Hals gehalten, aber wenn ich ihr begegnet wäre, nachts, so Hand in Spinnenbein … ich hätte dort nie wieder schlafen können. Nie!

CID: Du hast mit deiner lieben Kollegin Jane Luc eine Reise unternommen. Ich bin ernsthaft überrascht, dass ihr beide überlebt habt. Euer Blog war sehr amüsant zu lesen.
Sind weitere Projekte dieser Art geplant? Was ist dein nächstes Reiseziel?

Ich finde es höchst interessant, dass alle noch immer glauben, Jane sei wirklich zurück gekommen.
Aber davon ab: Ja, es wird sicherlich weitere Projekte auf http://luclinnhe.tumblr.com/ geben.
Zusätzlich steht die Idee eines weiteren Blogprojekts mit einer anderen Kollegin in der Luft, aber da wir erst in der Planphase sind, verrate ich erst einmal nichts weiter.
Mein nächstes Reiseziel wird wahrscheinlich Glastonbury sein, Somerset ist nämlich ebenfalls wirklich schön.

CID: Wenn du mit einer deiner weiblichen Protagonisten tauschen dürftest, in welche Rolle würdest du dann schlüpfen?

Zählt die in meinem Kopf, die sich mit Luke Evans aka Dracula Untold zusammentut und … nein? Schade.
Dann wähle ich Madison aus der Absecon-Reihe. Sie ist jemand, der aktiv Ereignisse anstößt und nicht ausschließlich gezwungen wird, auf diese zu reagieren. Es ist ihre Entscheidung, sich der Organisation anzuschließen und sie weiß, dass es gefährlich ist. Trotzdem lässt sie sich von ihren Überzeugungen leiten und muss mit den Konsequenzen leben. Aber sie ist trainiert und mutig genug, um klarzukommen. Zudem darf sie ihre Abenteuer in Großbritannien erleben. Letztlich bin ich ein großer Vampirfan der Dracula/Anne Rice-Riege.
Nala und Naya dagegen (die Namensähnlichkeit ist übrigens keine Absicht! Nala gab es zuerst, und Naya hat ihren Namen von der wissenschaftlichen Bezeichnung für echte Kobras: Naja. Da musste ich das J durch ein Y ersetzen, um lustigen Witzen wie „Och, na ja, wenns sein muss …“ vorzubeugen. Immerhin geht es im Herz aus Grün und Silber um Schlangen – sehr faszinierende Tiere!) werden durch das Schicksal oder einen fetten Flugkäfer in Ereignisse gestürzt, mit denen sie niemals gerechnet hätten.

CID: Hast du weitere Schreibprojekte geplant? Was dürfen wir zukünftig noch von dir erwarten? Wird es mit Nala und Desmond weitergehen? Maddie und Cole?

Ich plane jeden Tag etwas Neues, und ich sag dir, das kann sooo stressig sein – und man wird nicht fertig, denn einen Tag später plant man schon wieder etwas, das keine Zeit für die anderen Pläne lässt. Zwickmühle!
Deadlines sind daher immer eine nette Sache, auch wenn die wortwörtliche Übersetzung eher nach ‚I shot the sheriff‘ klingt. Die meisten Ideen fallen in den breiten Fantasy-Bereich, aber ich schließe nicht aus, dass ich auch mal in andere Genres rutsche.
Momentan sitze ich an der Überarbeitung von Absecon 2. Maddie und Cole verschlägt es da in ein unwahrscheinlich schönes Land, und dreimal darfst du raten, welches. Du musst dir dort unbedingt die Westküste anschauen und … okay, okay. Wie auch im ersten Teil geht es hier actionmäßig zur Sache und es fließt durchaus Blut – aber man muss bedenken, dass es eben Para Suspense ist, ein Vampirthriller, bei dem die Romantik nicht im Vordergrund steht. Vampire kämpfen dort ums Überleben, und natürlich nutzen sie dazu auch die Waffen, die ihnen gegeben sind. Alles andere würde keinen Sinn machen.
Bei der Inc.-Reihe ist vor Kurzem Teil 2 mit Vor allem verhängnisvoll Inc erschienen: Nala nimmt einen Job in der Bar Holysmacks an, um zu recherchieren. Ich freue mich sehr, dass ich Alphonse, den Türsteher, wieder unterbringen konnte. Teil 3 steht bisher nur als Konzept und muss noch geschrieben werden, aber darin wird vor allem Desmond mit Problemen zu kämpfen haben.
Im Dezember erscheint eine Ready Steady-Go-Kurzgeschichtensammlung im E-Book-Formt, die ich zusammen mit Ylvi Walker und Jenna Lux erstellt habe. Drei Fantasygeschichten zum Thema ‚Magische Bündnisse‘ für einen netten Abend zu Hause … wir denken, es ist ein sehr schönes Konzept.

182_bookCID: Vielen Dank, liebe Stephanie, dass du mir brav Rede und Antwort gestanden hast. Es war mir ein Vergnügen und ich hoffe, bald mehr von dir zu lesen.

Ich bin immer brav.
Vielen Dank für das Gespräch, Tee und Torte, es hat sehr viel Spaß gemacht! Oh ein Zettel …für mich? Was … die Spülmaschine ist kaputt? Warum drückst du mir ein Trockentuch und einen Schwamm in die Hand? Hab ich dir erzählt, wie sehr ich Schwämme liebe? Ich könnte stundenlang … over and out


 

Vielen Dank fürs Lesen, eure CID & Kit!

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